Betablocker: Wie gut sind sie

Viele Ärzte verschreiben Betablocker gegen zu hohen Blutdruck. Doch eine neue Studie zeigt: Diese Mittel sind schlechter als ihr Ruf.
Ein schwedischer Wissenschaftler hat 20 Studien über Betablocker ausgewertet, insgesamt wurden mehr als 130 000 Patienten berücksichtigt. Dadurch wurde nun festgestellt, dass Betablocker nicht die erste Wahl bei einer Therapie des Bluthochdrucks (primäre Hypertonie) bleiben sollte.
Es ist nun kein Wunder, dass Patienten, die Betablocker verschrieben bekommen hatten und einnehmen müssen, verunsichert sind.
Es gibt so viele Fragen die jetzt offen sind und nun beantwortet werden müssen.
Sollen Patienten auf andere Medikamente wie ACE-Hemmer oder Sartane
umsteigen? Wie steht es mit Patienten, die nicht nur unter hohem Blutdruck, sondern zusätzlich unter koronarer Herzkrankheit oder Herzschwäche, unter Diabetes oder Nierenerkrankungen leiden? Wie wirksam sind Betablocker bei diesen Krankheiten?
Laut der Herzstiftung wurde der Professor Thomas Eschenhagen um eine Stellungnahme zu wichtigen Fragen gebeten, weil die letzten Ereignisse dazu geführt haben, dass nicht nur Patienten sondern auch bei Ärzten und Wissenschafter, eine große Verunsicherung sich breit machte. Die Herzstiftung wollte nun wissen, was gibt es wirklich an neuen Erkenntnissen zu den Betablockern. Die schwedischen Wissenschaftler haben alle bislang verfügbaren Arbeiten zur Wirksamkeit von Betablockern, bei Patienten mit Bluthochdruck durchkämmt und die Ergebnisse, gewertet nach der Größe der jeweiligen Studie, zusammengefasst, d. h. sie haben eine sogenannte Metaanalyse vorgenommen.
Kleine Studien führen häufig zu statistischen Verzerrungen, und Betablocker sind in Zeiten entwickelt worden, in denen Studien viel kleiner waren als heute.
Heute werden Betablocker nur noch in Studien als Vergleichssubstanzen zu neueren Arzneimitteln untersucht. Dabei lassen sich Studien mit positiven Ergebnissen viel leichter publizieren als solche mit negativen. Auch diese Einseitigkeit kann zu Verzerrungen führen. So sind Metaanalysen im Herzkreislaufbereich schon zu völlig falschen Schlüssen gekommen.
Ein Beispiel: Die angeblich günstige Wirkung von Magnesium nach Herzinfarkt. Erst große, direkt mit einem Scheinmedikament (Placebo) vergleichende Studien haben mit falschen Schlüssen aufgeräumt. So teilte der Professor mit seinen Mitarbeitern der Herzstiftung die neuen Erkenntnisse mit. Dies sollte bei der Beurteilung der Betablocker-Metaanalysen bedacht werden.
Die Studie hat gezeigt, dass die Datenlage weniger eindeutig ist, als man dachte. Das spricht für weitere wissenschaftliche Untersuchungen. Außerdem zeigen andere große Studien der letzten Jahre, dass Betablocker bei Patienten mit Bluthochdruck die Wahrscheinlichkeit um etwa 25 % erhöhen, Diabetes zu entwickeln, was klar als Nachteil zu werten ist.
Ganz wichtig erscheint mir aber, dass darüber hinaus keinerlei Hinweise auf negative Langzeitwirkungen von Betablockern bestehen und der günstige Effekt von Betablockern nach Herzinfarkt, bei chronischer Herzschwäche, Vorhofflimmern und anderen Herzrhythmusstörungen, Altersdiabetes und Schilddrüsenüberfunktion eindeutig nachgewiesen ist. Diese Erkrankungen liegen bei Patienten mit Bluthochdruck häufig gleichzeitig vor und verstärken den Grund einen Betablocker einzunehmen.
Zum Beispiel verbessern Bisoprolol, Metoprolol und Carvedilol nach großen Studien die Prognose von Patienten mit Herzschwäche um 35%, eine Wirkung, die größer ist als die jeder anderen Substanzklasse.

Für den Patienten ergeben sich daraus folgende praktische Konsequenzen:
1. Atenolol ist in der Therapie des Bluthochdrucks nicht mehr Mittel der ersten Wahl. Ich persönlich würde auf Bisoprolol oder einen anderen fettlöslichen Betablocker (Metoprolol, Carvedilol) umstellen.
2. Bei Patienten, die nur an Bluthochdruck leiden, d. h. ohne eine der genannten Begleiterkrankungen, sind Betablocker aufgrund des nicht so gut dokumentierten Nutzens nicht mehr erste Wahl. Dies gilt insbesondere für übergewichtige Patienten mit hohem Risiko für Diabetes und für Patienten mit hohem Schlaganfallrisiko.
3. Patienten mit Bluthochdruck, die bereits mit Bisoprolol, Metoprolol oder Carvedilol gut eingestellt sind und das Medikament gut vertragen, muss man nicht umstellen. Dazu ist die Datenlage nicht eindeutig genug.
4. Bei Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit, nach Herzinfarkt, bei Herzschwäche, Vorhofflimmern oder anderen Herzrhythmusstörungen bleiben Betablocker erste Wahl.
5. Bei jedem mit Diuretika, ACE-Hemmern, AT1-Blockern oder Calciumantagonisten nicht ausreichend einstellbarem Blutdruck sind Betablocker ein guter Kombinationspartner.
6. Insgesamt sind die Unterschiede zwischen den Substanzen in der Behandlung des hohen Blutdrucks relativ klein. Das Wichtigste bleibt die gute Blutdrucksenkung, ganz gleich mit welcher Substanz.

Übergewicht ist ein wichtiger Risikofaktor für Bluthochdruck. Aber abnehmen?
Eine neue Framingham-Studie zeigt ein ermutigendes Ergebnis. Framingham ist eine Stadt in Massachusetts/USA, deren Einwohner seit 1948 schon in der dritten Generation gründlich untersucht und befragt werden, um die Entstehung von Herz-Kreislauf-Krankheiten aufzuklären.
In der neuen Studie, die jetzt veröffentlicht wurde, ist untersucht worden, wie Abnehmen sich auf die Entstehen von hohem Blutdruck auswirkt. 623 Männer und Frauen zwischen 30 und 49 Jahren und 605 Männer und Frauen zwischen 50 und 65 Jahren, die alle übergewichtig waren, d. h. einen Body – Maß – Index von über 25 hatten, waren in die Studie eingeschlossen. Zu Beginn der Studie hatten sie weder hohen Blutdruck noch koronare Herzkrankheit, Diabetes oder Krebs.
Wer nach vier Jahren 6,8 Kilo oder mehr abgenommen hatte, verringerte sein Risiko, einen Hochdruck zu erleiden, um 21 %. Bei den Älteren waren es sogar 29 %. Wem es gelang, das verringerte Gewicht weitere 4 Jahre zu halten, hatte einen noch größeren Erfolg: Schon ein Gewichtsverlust von durchschnittlich 2,2 Kilo, der durchgehalten wurde, führte zu einer Verringerung des Risikos, einen Hochdruck
in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu entwickeln: bei den Jüngeren um 22 %, bei den Älteren um 26 %.
Das heißt: Auch wenn Abnehmen nicht zu spektakulären Erfolgen führt, es lohnt sich!

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