Gläser oder Marmeladengläser aus Bleikristall, giftig oder nicht

Ich habe eine Bekannte, die hat zum Geburtstag schöne Marmeladengläser mit Deckel geschenkt bekommen. Nun hat sie entdeckt, dass sie aus Bleikristall sind. Sie kam zu mir und wollte von mir wissen:
Kann ich die benutzen? Vielleicht findest du Infos darüber.
Sie hatte sich schon im Internet und überall informiert, aber nichts darüber gefunden, ob Lebensmittel, die länger in Bleikristallgefäßen lagern, mit Blei angereichert sind und deshalb ungesund werden. Sie meinte nun weiter sehr erstaunt: Soweit sie wüsste, wird Bleikristall nicht mehr für die Herstellung von Nahrungsmittel - Behältnissen verwendet. Daher war sie sehr verwundert, dass V&B so etwas als Marmeladenglas anbietet. Ihre Frage war nun, ob sie ein hohes Risiko eingehe, oder ob die Bleimengen so gering seien, dass sie nicht schädlich sind.
Meiner Ansicht nach und logischen Denkens, braucht Ihr keine Sorgen haben, das kann nicht passieren. Die Bleimenge ist a) zu gering b) chemisch so eingebunden in dem Glas, dass kein Austreten möglich ist. Wenn die Gläser nicht lebensmittelgerecht wären, müsste es zudem dabeistehen, dürften somit auch nicht als Marmeladengläser angeboten werden.
Um Euch einmal um Bleigläser zu informieren, habe ich mich einmal selbst schlau gelesen und möchte es Euch in diesem Zusammenhang mitteilen.
Bleikristall ist eine Bezeichnung für glattes oder geschliffenes Bleiglas.
Chemische Zusammensetzung:
Bei der Bleiglas genannten Sorte Glas ersetzt man die üblichen Erdalkalien wie Calciumoxid durch Bleioxid. Der Anteil für echtes Bleiglas muss dabei mindestens 18 % betragen. Geschliffenes Bleiglas wird oft auch als Bleikristall bezeichnet. Bleiglas ist auch in dickwandigen Gefäßen klar und lässt sich gut schleifen. Bleiglas zeichnet sich durch eine hohe Brechzahl, Farblosigkeit, Glanz und einen schönen Klang aus. Kennzeichnend ist auch das hohe spezifische Gewicht von 3,5-4,8.
Die Definition Bleiglas ergibt sich aus der Zschimmerschen Regel %K2O = (76% - %PbO) x 0,27 ! Wobei hier der überwiegende Alkalienanteil durch K2O eingebracht wird.
Die Bezeichnung „Bleikristall“ ist irreführend, da es sich nicht um einen Kristall, sondern um ein Glas, also einen amorphen Feststoff handelt.
Es ist ein aus Quarzsand, Pottasche und Bleimennige (Pb3O4) hergestelltes Schmuckglas und wird häufig als Edelsteinimitation für Strasssteine verwendet.
Bleikristall ist auch ein Synonym für hochwertige Gebrauchsgegenstände aus Bleiglas, vor allem Trinkgläser für Wein und Sekt, Karaffen, Kerzenleuchter, Schalen, Dosen, Kuchenplatten und oder wie bei unserm Beispiel als Marmeladengläser. Weiterhin werden Sammlermodelle (z.B. Autos) aus Bleikristall produziert.
Zur Herstellung farbigen Bleikristalls gibt es zwei Methoden. Die günstigere Methode ist das Bemalen der Gläser mit speziellen Farben, die durch einen anschließenden Brennvorgang dauerhaft mit dem Glas verbunden bleiben.
Hochwertige farbige Bleikristallgläser werden in der sogenannten Überfangtechnik hergestellt. Dabei wird das flüssige Glas in eine Schale aus farbigem Überfangglas gegossen und anschließend in Form gebracht. Durch das Wegschleifen der farbigen Oberfläche nach dem Erkalten entstehen bunte Glasstrukturen. Derartige Gläser sind oft Handarbeit und deshalb entsprechend teuer.
In Deutschland wird Bleikristall inzwischen auch industriell gefertigt, indem das Glas maschinell gepresst oder in Formen geblasen wird. Dabei entsteht bereits die typische Form des Glases und der Schleifvorgang entfällt. Die Oberfläche wird danach in Fluorwasserstoffsäure geätzt, man spricht dabei von der Säurepolitur. Für glatte Gläser ohne Schliff kommt auch die günstigere und umweltfreundlichere Feuerpolitur zum Einsatz, wobei die Gläser durch gleichmäßiges Erhitzen der Oberfläche geglättet werden.
Weiterhin interessantes:
Ein Bleiglas mit sehr hohem Bleioxidgehalt (> 40 %) ist das in der Optik verwendete Flintglas.
Der als Edelsteinersatz verwendete Strass ist ebenfalls ein besonderes Bleiglas.
Aufgrund der hohen Dichte werden Fenster mit Bleiglas zur Abschirmung von Strahlungsquellen in der Radiologie, Nuklearmedizin und in der Technik verwendet, wo eine freie Sicht in den Strahlungsbereich notwendig ist.
Bleiglas wird in der Kern- und Teilchenphysik als Nachweismedium und zur Energiebestimmung von schnellen, geladenen Elementarteilchen verwendet. Dabei werden Bleigläser in Form von typischerweise 20 bis 30 Zentimeter langen Blöcken zu Wänden geschichtet, an deren Rückseite die im Bleiglas entstehende Tscherenkow-Strahlung mit Fotovervielfachern (Photomultiplier) in elektrische Spannungssignale umgewandelt wird. Solche Bleiglaswände können aus einigen Tausend Blöcken bestehen und so Flächen von mehreren Quadratmetern überdecken. Aufgrund ihrer Verwendung zur Energiemessung von Elektronen, Positronen und Photonen werden Bleiglaswände auch den elektromagnetischen Kalorimetern zugerechnet.

Die Bleikristallgläser oder auch Marmeladengläser könnt Ihr beruhigt benutzen, sie sind nicht giftig!
Ich habe die Informationen von meiner Tochter, die in Physik/Chemie über Bleikristall im Unterricht einiges gelernt hat. Des weiteren hat sich das Ereignis mit den Marmeladengläser so abgespielt, wie hier berichtet.
Klarstellung: Also nicht bei Wiki abgeschrieben!! Dieses hatte ein anonymer Leser behauptet.

Kommentare

Sebastian hat gesagt…
Sehr gut geschrieben, informativ und völlig korrekt.

zu dem vorigen (eher unqualifizierten) Kommentar: Wenn das Bleioxid im Glas gelöst ist (es wird ja auch farblos) geht es eine innige Bindung zu den anderen Molekülen des Glases ein. Aus diesen Bindungen kommt es nicht mehr von alleine heraus. Das Blei wird also nicht freigesetzt. Wenn das Bleioxid es im Glas gelöst ist, ist es wie ein anderer Stoff. Es ist nicht mehr die giftige Bleimenninge, sondern ist Teil des "Kristallglases". Man benötigt schon sehr starke Säuren (Flusssäure, Salpetersäure) die das Glas angreifen können, damit das Blei wieder frei wird. (Da sind aber die Säuren schon eher giftiger als das Blei)

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