Nähere Informationen über Essstörungen

Magere Stars und Werbespots mit dürren Models haben eine unheilvolle Wirkung auf alle junge Mädchen, aber auch noch ältere Frauen. Mancher Clip bräuchte den Warnhinweis: "Hungern gefährdet Ihre Gesundheit!“
Es gibt in der Geschichte ganz unterschiedliche Vorstellungen von Schönheit. In der Nachkriegszeit galten beispielsweise eher füllige Menschen als schön. Das heutige Schlankheitsideal hat sicherlich etwas mit dem Bild der modernen, leistungsfähigen Frau zu tun, die sowohl schlank als auch erfolgreich ist.
Das Schlankheitsideal ist vor allem ein Phänomen wohlhabender Gesellschaften, denn die Magersucht kommt zum Beispiel nur ganz selten in Entwicklungsländern vor. Bevölkerungen, die unter Hunger leiden, kennen das Phänomen nicht. Nach wissenschaftlicher Erkenntnis ist es in den letzten 20 bis 30 Jahren zu einer Zunahme von 10 bis 15 Prozent der Erkrankungen gekommen. Neu ist das Phänomen, dass junge Frauen früher an Magersucht erkranken, als das beispielsweise noch in den fünfziger Jahren der Fall war. Man geht davon aus, dass 0,5 bis 0,75 Prozent der jungen Frauen von der Krankheit betroffen sind. Allerdings erkranken immer mehr Männer an Magersucht: Auf zwanzig betroffene Frauen kommt ein betroffener Mann. Bei Jugendlichen haben Vorbilder eine große Bedeutung. Das Kernproblem bei Essgestörten besteht darin, dass die betroffenen Frauen ihren Selbstwert fast ausschließlich von ihrer Figur, ihrem Gewicht und der Fähigkeit, ihr Essverhalten unter Kontrolle zu halten, abhängig machen. Sie wollen den Idealen, die über die Medien vermittelt werden, entsprechen. Sie möchten wie die erfolgreichen, schlanken und schönen Models sein. Das ist meistens nicht realisierbar, weil die Frauen von ihrer Konstitution nicht in der Lage sind, dem Schönheitsideal zu entsprechen. Der Prozess verselbständigt sich: Die Magersüchtigen schießen weit über das Ziel hinaus. Das hat mit Schönheit nichts mehr zu tun. Die Magersüchtigen sind sich den großen Einfluss häufig nicht Bewusst. Es sind auch oft andere Dinge, die die Krankheit auslösen. Zum Beispiel Kommentare von Bezugspersonen (Vater, Mutter oder Schwester), die in negativer Weise auf das Gewicht anspielen, das Gefühl, zugenommen zu haben. Oft erfolgt dann der Einstieg über einen Diätversuch, der außer Kontrolle gerät. Es sind eigendlich nicht schlanke Models und Hollywoodstars, die diese pubertierenden Mädchen in die Krankheit treiben. Der Schlankheitswahn ist der Boden, auf dem die Krankheit wächst, weil die Betroffenen diese Vorbilder als Maßstab nehmen und sich entsprechend bewerten. Woran messe ich, dass ich mich als zu dick empfinde? Natürlich an dem Ideal, das ich im Kopf habe. Auch die Äußerungen von Mitschülern gehen auf diese Ideale zurück. Das ist besonders für Mädchen, die ohnehin schon unsicher sind, schwer. Eine große Rolle und Verantwortung spielt die Gesellschaft für diesen Schlankheitswahn. Eine wichtige Rolle spielt zum Beispiel die Werbung. Da sollte eigentlich eine Art Warnhinweis angebracht werden, „Hungern gefährdet Ihre Gesundheit“. Aber das ist natürlich nicht umsetzbar. Ich finde die Initiative, besonders dünne Models von Modenschauen auszuschließen, sinnvoll. Wahrscheinlich entsprechen diese dürren Frauen noch nicht einmal dem Schönheitsideal.
Stellt sich nun die Frage: Was sind denn nun die eigentlichen Ursachen der Magersucht?
Meine Überlegungen: Untersuchungen legen nahe, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen. Geschlecht und Alter stellen generelle Risikofaktoren dar, da die Krankheit überwiegend Frauen in der Adoleszenz betrifft. Eine frühe Pubertät und eine Übergewichtigkeit in der Kindheit stellen weitere Faktoren dar. Psychische Störungen, insbesondere Angststörungen, begünstigen die Krankheit. Häufig weisen essgestörte Mädchen perfektionistische Züge auf, die teilweise schon in Zwänge übergehen. Außerdem spielt die Familie eine Rolle. Wenn hier das Aussehen und die eigene Leistung eine besondere Rolle spielen und das Verhalten der Eltern durch besonders hohe Erwartungen geprägt ist, ist das Risiko groß. Typisch für die Patientinnen ist ein ganz durchdringendes Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit. Daraus resultiert der Wunsch nach Autonomie, der Wunsch, zumindest einen Teilbereich des Lebens selbst kontrollieren zu können. Das kann sich äußern, indem das Essen immer sehr ritualisiert abläuft, in einer fast schon zwanghaften Art und Weise. Kontrolle erfolgt auch über die Zahl der Kalorien, die nicht überschritten werden darf. Dazu kommt eine Körperschemastörung, die dazu führt, dass die Betroffenen sich nicht richtig einschätzen können: Die Frauen empfinden sich als dicker, als sie tatsächlich sind.
Die Patientinnen haben ein ganz charakteristisches Denkmuster, da geht es immer um alles oder nichts, schwarz oder weiß. Es liegt nichts dazwischen, dieses gilt auch für das Essverhalten. Was gibt es nun für Therapiemöglichkeiten, die sinnvoll und effektiv eingesetzt werden können.
Soweit ich weis, gibt es leider keine Medikamente, die wir hier einsetzen können. Stattdessen gibt es aber wirksame psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten. Die haben vor allem zunächst das Ziel das Gewicht und das Essverhaltens zu normalisieren. Dann geht es darum, das Selbstwertgefühl der Patienten zu stärken und Stresssituationen sowie Leistungsanforderungen zu thematisieren und auch Ängste anzusprechen. Die Patientinnen sollen dabei lernen, eigene Bedürfnisse zu äußern, Kritik anzunehmen und das wichtigste den eigenen Körper realistisch wahrzunehmen.

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